Suche starten De menü de ClientConnect
Suche starten
Ergebnisse
Top-5-Suchergebnisse Alle Ergebnisse anzeigen Erweiterte Suche
Häufigste Suchbegriffe
Meistbesuchte Seiten

    Der nachfolgende Text gibt die Ansicht der Autoren wieder, die nicht unbedingt der Sichtweise der Europäischen Investitionsbank entspricht.


    >> Sie können den Essay hier runterladenZur Fotoausstellung mit den spektakulären Aufnahmen von Yann Arthus-Bertrand und Philippe Bourseiller.


    Wasser – Quell des Lebens

    Wasser ist Leben –  seit Urzeiten prägt es die Existenz von Menschen, Tieren und Pflanzen.

    Ozeane bedecken 70 Prozent der Erdoberfläche. Mit ihren riesigen Fischbeständen sind sie aber nicht nur Ökosystem und Nahrungsquelle – siehalten auch das Klima unseres Planeten im Gleichgewicht.

    Dabei fällt unser Wasser buchstäblich vom Himmel, als Regen, der Grundwasser und Seen speist und wieder verdunstet.

    Obwohl Süßwasser kaum drei Prozent aller Wasservorräte ausmacht, ist es reichlich vorhanden – jedoch nicht immer dort, wo es gebraucht wird. Die großen Ströme und Flüsse sind die Lebensadern unserer Erde. Sie durchdringen mit ihren Verzweigungen viele Regionen, lassen aber auch viele Landstriche außen vor: Noch immer haben mehr als 660 Millionen Menschen keinen Zugang zu sauberem Trinkwasser, und 2,4 Milliarden müssen ohne angemessene sanitäre Einrichtungen auskommen.

    Dabei fällt unser Wasser buchstäblich vom Himmel, als Regen, der Grundwasser und Seen speist und wieder verdunstet. Wasser gewährleistet Artenvielfalt, ermöglicht Landwirtschaft, liefert Energie, es versorgt Städte und Dörfer. Wassermangel dagegen beeinträchtigt das Leben vieler Menschen tagtäglich, auch wenn wir das in den Industrieländern oft vergessen. Dank der Investitionen in Wasseraufbereitung und -verteilung ist es für uns selbstverständlich, jederzeit den Wasserhahn aufzudrehen und an Wasser zu gelangen, das meist sogar trinkbar ist.

    Heute nutzen wir Wasser vor allem für die Lebensmittelproduktion: Etwa 69 Prozent der kostbaren Ressource fließen in die Landwirtschaft wo auf 20 Prozent der landwirtschaftlichen Flächen, durch Bewässerung 40 Prozent unserer Nahrungsmittel erzeugt werden. Lediglich zwölf Prozent des gesamten Wasserverbrauchs entfallen auf die privaten Haushalte.

    © Yann Arthus-Bertrand

    Feedlot bei Bakersfield, Kalifornien, USA

    Wasserverbrauch

    Unseren individuellen Wasserverbrauch haben wir unmittelbar vor Augen: beim Duschen und Waschen, in der Küche oder im Garten beim Gießen. In Kubikmeter gemessen und in Euro in Rechnung gestellt, ist diese Menge konkret und greifbar. Wassersparkampagnen haben uns dazu gebracht, Toilettenspülungen mit Spartasten auszurüsten, spezielle Strahlregler auf Wasserhähne zu montieren oder – besser noch -  den Hahn beim Zähneputzen ganz zuzudrehen. Wir wissen also, dass wir unseren Verbrauch zu einem gewissen Grad selbst steuern können – zumindest im Rahmen jener zwölf Prozent, die auf Privathaushalte entfallen.

    In jedem Kilo Röstkaffee stecken 26.400 Liter Wasser

    Was aber machen mit dem großen Rest? Mit diesem „unsichtbaren“ Wasser, das Landwirtschaft und Industrie verbrauchen und das allgemein als „virtuelles“ Wasser bezeichnet wird. Es fließt in die Waren des täglichen Bedarfs. Rohstoffgewinnung, Verarbeitung, Verpackung, Transport und sogar Recycling - all diese Phasen im Lebenszyklus eines Produkts verbrauchen Wasser. Nehmen wir zum Beispiel eine Tasse Kaffee: In jedem Kilo Röstkaffee stecken 26 400 Liter Wasser – diese Menge ist für den Kaffeeanbau in Afrika, Südamerika oder Asien, den anschließenden Transport und das Rösten der Bohnen notwendig. Eine einzige Tasse Kaffee hinterlässt einen virtuellen Wasserfußabdruck von 150 Litern! Die gleiche Rechnung können wir für unsere Jeans aufmachen oder für das Steak auf unserem Teller. Rindfleisch belegt mit 15 000 Litern je Kilo sogar einen Spitzenplatz in puncto Wasserverbrauch. Und die Herstellung einer Plastikwasserflasche erfordert ebenso viel Wasser, wie sie fasst: 1,5 Liter.

     Lassen wir uns nicht täuschen - dieses „virtuelle Wasser“, von dem der britische Geograph John Anthony Allan erstmals in den frühen 1990er-Jahren am King‘s College redete, könnte realer kaum sein. Es verschlingt einen großen Teil der weltweiten Wasserressourcen. Der internationale Handel steht für 2,32 Billionen Kubikmeter virtuelles Wasser pro Jahr – jede Sekunde werden 74 Millionen Liter importiert oder exportiert.

    Genau wie für den CO2-Fußabdruck, der sich für alle Menschen, Unternehmen und Länder berechnen lässt, gibt es auch für den Wasserverbrauch einen Indikator. Dieser Wasserfußabdruck wird in Kubikmetern pro Kopf und Tag oder Jahr ermittelt. Jeder Mensch hinterlässt im Durchschnitt einen Abdruck von 1 400 Kubikmetern im Jahr. Das sind 3 800 Liter pro Tag. Allerdings gibt es erhebliche Unterschiede. So verbrauchen Nordamerikaner beachtliche 7 800 Liter am Tag. Schuld daran ist vor allem ihr hoher Rindfleischkonsum (jährlich 43 Kilogramm pro Person).

    © Yann Arthus-Bertrand

    Slum Cité Soleil, Department West, Port-au-Prince, Haiti

    Jenseits des Süßwassers

    Als Naturschützer betrachte ich die Welt stets als Ganzes. Denn alles auf unserer Erde hängt miteinander zusammen: die Artenvielfalt, die Luft- und Wasserqualität, das Klima, der Einfluss durch die Menschen und der Einfluss auf die Menschen. Wasser ist Teil eines riesigen Kreislaufs. Ich komme also nicht umhin, auch über Ozeane zu sprechen.

    Die Ozeane – oder eher der Ozean – sind Wassermassen, die zwischen dem vierzigsten und fünfzigsten südlichen Breitengrad entlang dem antarktischen Kontinent aufeinandertreffen. Ihre Namen – Atlantik, Indischer Ozean und Pazifik – erhielten sie von Seefahrern, Entdeckern und Geografen. Riesige Meeresströmungen durchqueren die Ozeane. Warme Oberflächenströmungen und kalte Tiefenströmungen transportieren gewaltige Wassermassen. Die Oberflächenströmungen bewegen rund zehn Prozent der gesamten Wassermasse der Ozeane, und diese etwa 300 Meter dicke Schicht steht im Wechselspiel mit der Atmosphäre: über Verdunstung und Winde, über Wolken, die zu Niederschlägen führen, oder über ozeanische Wirbel, in deren Zentren sich Müll sammelt.

    Alles auf unserer Erde hängt miteinander zusammen: die Artenvielfalt, die Luft- und Wasserqualität, das Klima, der Einfluss durchdie Menschen und der Einfluss auf die Menschen.

    Auch die Weltmeere leiden unter den Menschen – mit absehbaren Folgen für eine Vielzahl von Lebewesen. Die Erderwärmung treibt einige Arten in kältere Gewässer, und die Ozeane versauern durch die übermäßige Kohlendioxidaufnahme aus der Atmosphäre. Dies führt zu Korallenbleiche, bedroht die Artenvielfalt und lässt die Fischbestände schrumpfen.

    Und dann ist da noch der Müll. Die meisten Menschen haben keinen direkten Bezug zu den Meeren – sie sind riesig und sie liegen oft außerhalb unseres Horizonts. Doch ihre Verschmutzung nimmt zu, und 80 Prozent des Mülls, der in den Ozeanen herumschwimmt, wird von uns Menschen an Land produziert. Die achtlos in den Gully geworfene Zigarettenkippe schafft es durchaus bis an die Küste. Und eine Plastiktüte, die nur wenige Minuten benutzt wird, um das Gemüse aus dem Supermarkt nach Hause zu bringen, findet sich eines Tages in einem riesigen Wirbel im Pazifischen Ozean wieder – auf dem „siebten Kontinent“, einer Insel aus halbzersetztem Plastik, sechsmal so groß wie Frankreich. Oder in kleineren ähnlichen Müllinseln in den anderen Ozeanen. Um zu verdeutlichen, wie groß das Ausmaß der Verschmutzung durch den Menschen ist - stellen Sie sich vor, riesige Laster kippten im Sekundentakt Plastikmüll ins Meer.

    Sie fragen sich, was das mit unserem eigentlichen Thema – dem Wasser – zu tun hat? Ganz einfach: Der Zusammenhang ist keine Frage von Ursache und Wirkung, er entsteht vielmehr durch unser Verhalten, unsere Beziehung zur Umwelt und zu uns selbst. Erst wenn es uns gelingt, unsere Umwelt im Alltag zu schützen, können wir auch das Wasserproblem in seiner Gesamtheit anpacken und lösen.

    © Yann Arthus-Bertrand

    Im Nordwesten von New Orleans (nähe dem Lake Pontchartrain) nach dem Hurrikan Katrina, Louisiana, USA

    Wasserkatastrophen

    Nicht immer bringt Wasser Leben, es kann auch zerstören. Die Folgen für Mensch und Tier sind uns allen bekannt.

    Die meisten Naturkatastrophen stehen im Zusammenhang mit Wasser – 70 Prozent der katastrophenbedingten Todesfälle gehen auf das Konto von Überschwemmungen. Der Klimawandel führt zu immer extremeren Wetterereignissen, die je nach Region und Jahreszeit von sintflutartigen Regenfällen bis hin zu langen Dürreperioden reichen können. Das erwärmte Oberflächenwasser der Ozeane hat zur Folge, dass Zyklone, Hurrikane und Taifune in Frequenz und Intensität zunehmen.

    Jedes Jahr zerstören wir zwischen 15 und 18 Millionen Hektar Wald – eine Fläche so groß wie Belgien. In jeder Minute werden 2 400 Bäume gefällt.

    Verstädterung und Intensivlandwirtschaft, Flächenversiegelung und Entwaldung verlangen eine veränderte Bodennutzung. Das bedeutet, dass mehr Wasser an der Oberfläche abfließt und das Grundwasser versiegt. Jedes Jahr zerstören wir zwischen 15 und 18 Millionen Hektar Wald – eine Fläche so groß wie Belgien. In jeder Minute werden 2 400 Bäume gefällt. Der Einsatz von Kunstdünger und ineffiziente Bewässerung schaden den Ökosystemen und der Artenvielfalt. In den vergangenen 20 Jahren gingen täglich 2 000 Hektar fruchtbares Land durch Versalzung verloren, über 62 Millionen Hektar oder 20 Prozent aller bewässerten Flächen sind bereits betroffen. Mit Stickstoff verunreinigtes Wasser führt in Ozeanen und Flüssen zu Überdüngung und Sauerstoffmangel. Schon heute gibt es 500 tote Zonen, insgesamt 250 000 Quadratkilometer, und diese Zahl verdoppelt sich seit den 1960er-Jahren alle zehn Jahre.

    Jährlich sterben Schätzungen zufolge 842 000 Menschen an Durchfallerkrankungen, die auf verunreinigtes Wasser zurückzuführen sind.

    Ich könnte unzählige weitere Beispiele nennen. Bei meinen Fotoexpeditionen habe ich diese Phänomene mit eigenen Augen gesehen: das Austrocknen des Aralsees, die vom Wirbelsturm Katrina ausgelösten Flutwellen oder die Algenplage in der Bretagne.

    Es ist allerhöchste Zeit, unser Wachstumsmodell zu überdenken.

    © Yann Arthus-Bertrand

    Fischer in der Bucht von Port-au-Prince, Haiti

    Wasser ist Hoffnung

    Bis 2030 sollen alle Menschen Zugang zu Wasser- und Sanitärversorgung haben. So steht es im 6. Entwicklungsziel der Vereinten Nationen. Dieses Ziel hängt eng mit den anderen 16 UN-Entwicklungszielen zusammen, denn Wasser bildet die Basis für Entwicklung, Gesundheit und Ernährungssicherheit.

    Wasser ist ein Gemeingut, mit dem alle nachhaltig umgehen müssen: Privathaushalte und Industrie, Länder und Kommunen.

    Viele Unternehmen haben in ihren Analysen bereits festgestellt, dass Wassermanagement, Klimawandel und Umweltauswirkungen mit ihrem Gewinn zusammenhängen. Die Umweltorganisation Carbon Disclosure Project (CDP) erfasst in ihrem Bericht 2017 Informationen zum Wassermanagement von mehr als 2 000 Unternehmen aus aller Welt. Einige sehr fortschrittliche Firmen setzen einen internen Wasserpreis fest, um die ökologischen und sozialen Kosten und den entsprechenden Nutzen zu berücksichtigen. 2017 verpflichteten sich diese Unternehmen, 23,4 Milliarden US-Dollar für über 1 000 Wasserprojekte in 91 Ländern zur Verfügung zu stellen. Das ist viel Geld. Nach Schätzungen der G20 müssten Privatwirtschaft, Kommunen und Länder bis 2030 allerdings 7 300 Milliarden US-Dollar in den Wassersektor investieren. Die derzeitigen Prognosen deuten auf eine Investitionslücke von 1 500 Milliarden US-Dollar hin.

    Nur wenn wir anfangen, in langen Zeiträumen zu denken, kann Wasser wieder seine ursprüngliche Funktion erfüllen: als Ressource für die Zukunft und Quell des Lebens.

    Auf Länderebene ist es Aufgabe der einzelnen Wasserbehörden, für eine sichere Wasserversorgung und gute Wasserqualität zu sorgen. Um die Qualität zu gewährleisten, müssen sie eng mit den Landwirten im Wassereinzugsgebiet zusammenarbeiten. Einige landwirtschaftliche Betriebe haben sich bereits verpflichtet, auf Kunstdünger zu verzichten, und sie stellen auf ökologischen Anbau um. Dies ist ein gutes Beispiel dafür, wie sehr unsere Ökosysteme miteinander verzahnt sind.

    Internationale Entwicklungs- oder Finanzierungsinstitutionen sowie weltweit tätige Unternehmen investieren sehr viel Energie und Geld in große Wasserversorgungs- und Wasseraufbereitungsprojekte. Das ist allerdings nur ein Anfang, denn die Projekte konzentrieren sich meist auf dicht besiedelte städtische Gebiete. Wüstenstaaten mit Zugang zum Meer können immerhin Trinkwasser durch Entsalzung gewinnen. Diese Lösung eignet sich aufgrund des hohen Energiebedarfs allerdings kaum für andere Regionen, auch wenn Fortschritte in der Forschung erwarten lassen, dass der Energiebedarf und damit die Kosten deutlich sinken werden.

    Am anderen Ende des Spektrums engagieren sich Nichtregierungsorganisationen in bewundernswerter Weise dafür, auch ländliche Gebiete mit kostengünstigem Trinkwasser zu versorgen. Dazu gründen sie Kleinstunternehmen vor Ort – eine erfolgreiche Form der Sozial- und Solidarwirtschaft.

    Die großen Infrastrukturprojekte und die vielen kleinen Initiativen verfolgen dasselbe Ziel – mit unterschiedlichen Methoden, die sich jedoch in der Regel ergänzen. Oft stoßen die großen Unternehmen auch Projekte in den Dörfern an, etwa über Stiftungen oder einheimische Partner aus der Zivilgesellschaft. Technologie und Geld sind wichtig, beim Wasser wie beim Klima. Doch damit alleine ist die Herausforderung nicht zu meistern. Denn die Ursache des Problems liegt vor allem in unseren individuellen und kollektiven Verhaltensmustern. Sie müssen wir hinterfragen – ebenso wie unser Wachstumsmodell, das alles andere als nachhaltig ist.

    Seit Jahren verfügen wir über alle nötigen Instrumente, um zu beobachten, zu analysieren und zu informieren. Wir können also nicht behaupten, wir hätten es nicht besser gewusst. Bereits 1972 warnte der im Auftrag des Clubs of Rome entstandene Meadows-Bericht „Die Grenzen des Wachstums“ mit Blick auf den Ressourcenverbrauch, ein „Weiter so“ könne es nicht geben. Nach der UN-Konferenz in Rio de Janeiro 1992 startete der Physiker und Nobelpreisträger Henry Kendall einen Aufruf an die Politik, den 1 700 Wissenschaftler unterzeichneten. Heute mahnen erneut 15 000 Wissenschaftler aller Disziplinen aus 184 Ländern, dass wir die rapide Zerstörung der Natur stoppen müssen. Auch meine 2012 veröffentlichte Dokumentation „Der Durst der Welt“ hat nicht an Aktualität verloren.

    Damit Wasser auch künftig Leben ist

    Wir Menschen sollten uns bewusst sein, dass Wasser Teil eines Kreislaufs ist, der auch eine Phase der Regeneration umfasst. Dieser Zyklus folgt einem eigenen Rhythmus, und er passt kaum in eine Gesellschaft, die alles verpackt und in der alles sofort verfügbar sein muss. Nur wenn wir anfangen, in langen Zeiträumen zu denken, kann Wasser wieder seine ursprüngliche Funktion erfüllen: als Ressource für die Zukunft und Quell des Lebens.

    © Yann Arthus-Bertrand

    Elefanten im Okavango-Delta, Botsuana

    Wasser ist Leben. Mit Darlehen und technischer Hilfe trägt die EIB dazu bei, dass Menschen in Europa und in anderen Ländern Zugang zu sauberem Wasser haben und moderne Abwasseranlagen erhalten. Hier erfahren Sie mehr über das Engagement der EIB im Wassersektor.

    Der nachfolgende Text gibt die Ansicht der Autoren wieder, die nicht unbedingt der Sichtweise der Europäischen Investitionsbank entspricht. 

    Laden Sie den Essay herunter.

    © EIB 2018

    Fotos: © Yann Arthus-Bertrand. Alle Rechte vorbehalten.